Bengt Erik Bethmann

 

Proteste begleiteten die erste Anhörung Sessions vor dem Senat. Der in der Vergangenheit mit rassistischen Äußerungen in Erscheinung getretene Jeff Sessions wird neuer Justizminister unter Trump. Er löst Loretta Lynch ab. Als neuer Attorney General wird er dem Justizministerium vorstehen. Im Rahmen dieser Tätigkeit wird er Kontrolle über die Strafverfolgungsbehörden des Bundes ausüben und die USA formell vor Gericht vertreten.

Der inzwischen siebzigjährige Jefferson Beauregard ‚Jeff’ Sessions III gilt laut des National Journals als eines der konservativsten Mitglieder des US-Senats. Als Senator ist der aus Mobile, Alabama, stammende Sessions Mitglied des Justiz-Ausschusses. Zu Hause in Alabama genießt er enorme Popularität. Nachdem er 1996 zum ersten Mal als Senator gewählt wurde, erreichte der frühere Staatsanwalt hier kontinuierlich über 59% der Stimmen – 2014 trat er sogar ohne Gegenkandidaten an.

Im März 2016, inmitten des Präsidentschaftswahlkampfs, erklärte Sessions in Huntsville, Alabama, dass er Trump offiziell bei seiner Kandidatur unterstütze. Sessions wurde danach sogar lange Zeit als möglicher Kandidat auf das Vizepräsidentenamt gehandelt. Bei der späteren Auswahl Mike Pences als möglichen Stellvertreter des Präsidenten und der nominellen Nummer zwei im Staat stand er Trump beratend zur Seite. Die wichtige Rolle Sessions ist unbestritten: Einer seiner Mitarbeiter arbeitete die Immigrationsrichtlinien für Trump im Wahlkampf aus. Jener darin zum Ausdruck kommende Rassismus polarisierte nicht nur in den USA. 2007 wollte Sessions die illegale Immigration mit einem Gesetzesentwurf bekämpfen, der Unternehmen zehn Jahre von Geschäften ausschließt, sollten sie illegale Immigranten als Mitarbeiter beschäftigt haben. Er votierte zudem gegen jedes Gesetz, dass Illegalen einen möglichen Weg zur Staatsbürgerschaft erleichtern sollte. Auch bezüglich der legalen Immigration fand er immer wieder scharfe Worte. In einem Interview von 2015 mit der Washington Post sagte er, dass zukünftig selbst die legale Immigration deutlich zurückgehen müsse, weil sie das Lohnniveau in den USA kaputt mache. Wie die illegalen Immigranten würden auch die Legalen für sehr viel weniger Geld als US-Amerikaner arbeiten. Das brächte das Lohnniveau auf dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt aus dem Gleichgewicht. Wenn also, so das Argument, zukünftig allen Immigranten der Zugang zum Arbeitsmarkt verweigert würde, bzw. ein Einwanderungsstopp verhängt wird, würden sich die Löhne in den USA erholen.

Vor dem Hintergrund dieser offen fremdenfeindlichen Positionen in der Immigrationspolitik ist der Sessions kontinuierlich verfolgende Rassismusvorwurf wenig überraschend. Schon vor rund dreißig Jahren, 1986, verwehrte ihm sein Rassismus ein Bundesrichteramt. Frühere Kollegen in Alabama sagten damals, Sessions benutze immer noch das Wort ‚Nigger’. Außerdem hätte er bezüglich des in den ehemaligen Südstaaten sehr umtriebigen rassistisch-antisemitischen Klu-Klux-Klans gesagt, dass dieser für ihn bis zu jenem Zeitpunkt ‚okay’ gewesen sei als er herausfand, dass einige seiner Mitglieder Marihuana rauchten. Sessions stritt die rassistischen Äußerungen nicht ab, spielte seine Äußerung über den Klu-Klux-Klan jedoch als Witz herunter.

Auch außenpolitisch ist Sessions hardliner. 2005 lehnte er, gerade vor dem Hintergrund des Folterskandals nach dem Irakkrieg in Abu Ghuraib (2004), eine Gesetzesvorlage John McCains ab, die es dem Militär verbieten sollte, zu foltern. Den Irakkrieg selbst unterstützte er, lehnte jedoch als einer von drei Senatoren ab, das Budget für medizinische Leistungen von Kriegsveteranen zu erhöhen. Sessions argumentierte 2014 vor dem Senat, dass der Kongress stattdessen doch lieber auf Reformen und Lösungen setzen solle, die die Qualität der Leistungen für Veteranen verbessern würden.

Bezüglich ökologischer Fragen zeigt sich Sessions als ein großer Skeptiker eines von Menschen beeinflußten Klimawandels. Der Leiterin der US-Umweltschutzbehörde EPA, Gina McCarthy, entgegnete er 2015, dass das übermäßig im Produktionsprozess ausgestoßene CO2 ‚wirklich kein Schadstoff’ sei, sondern als Pflanzendünger lediglich die Erdtemperatur verändere.

Welche Positionen Sessions als Justizminister verfolgen wird, bleibt nach seinen ersten Anhörungen im Senat unklar. Auch wenn Sessions von seinem früheren Rassismus in seinen Anhörungen vor dem Senat unlängst Abstand nahm, liegt in seiner Personalie einiges an gesellschaftlichem Sprengstoff. Dass Sessions den von Trump einmal geäußerten Einreisestopp für Muslime in die USA genauso wie waterboarding in seiner Anhörung vor dem Senat ablehnt, mag zwar ein kleiner Hoffnungsschimmer für die ihm kritisch gegenüberstehende Bürgerrechtsbewegung sein. Weil er sich aber in der gleichen Anhörung sowohl gegen die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba stellt und die Polizei kompromisslos in Schutz nimmt, wird er der Bürgerrechtsbewegung eher nicht entgegen kommen.

Kritische Töne gegen die US-amerikanischen Polizei aufgrund ihrer tödlichen und brutalen Einsätze, vor allem gegen Schwarze, lehnt Sessions vehement ab. Er spielte die Vorwürfe eines breiten Rassismus in den Polizeireihen relativierend herunter. Den Bürgerrechtsbewegungen wirft er eine unfaire Bewertung der Vorkommnisse vor: Wegen des Vorgehens „einiger weniger schlechter Akteure“ solle die Polizei als Ganzes „verleumdet und beschuldigt“ werden. Seine Vorgängerin im Amt, Loretta Lynch, kritisierte den Rassismus in den Reihen der Chicagoer Polizei jüngst. Unwahrscheinlich, dass Sessions je daran anschließt.